Das Dorf früher
Unter der Rubrik „Dorf früher“ möchten wir, monatlich neu, „Interessantes und Wissenswertes“ rund um das Thema Döben vorstellen. In loser Reihenfolge werden wir Ihnen aus den unterschiedlichsten Publikationen, Archiven und Privatsammlungen Geschichten, Tatsachen, alte Akten oder Fotos präsentieren.
Wir würden uns natürlich auch über Beiträge von Ihnen freuen. Dankbar nehmen wir alle Materialien, Fotos o. ä. zur Geschichte Döbens an. Möchten Sie unserem Verein (auch leihweise) solches zur Verfügung stellen, dann bitte ich um eine kurze Nachricht, per Email, Telefon oder auf dem Postweg.
Ihre
Heike Raubold
Kindesmörderin bezahlte eigenen Leichenschmaus
sechs Hinrichtungen fanden im 17. Jahrhundert in Döben statt
(gefunden im Rundblick Nummer 11 des Jahres 1965, Verfasser: R.P. Roßberg)
Das Dorf Döben bei Grimma an der Vereinigten Mulde hat eine reiche geschichtliche Vergangenheit. Bereits um 950 entstand hier als Zwingburg gegen die Sorben ein Burggrafensitz.
Auch später als Ritter- und Junkersitz war Döben Ort der niederen und oberen Gerichtsbarkeit. Im allgemeinen fanden monatlich zweimal Gerichtstage zur Untersuchung und Aburteilung kleinerer Vergehen der Untertanen statt. In Sonderfällen wurde das Landgericht (Obergericht) zusammengerufen, wobei alles feierlich und nach althergebrachtem Ritus zuging. Auf dem Dorfanger in Döben wurde hierzu ein Kreuz aufgerichtet, unter dem auf Stühlen der Landrichter und sechs Schöppen Platz nahmen. Auf einem Tische lagen das geschärfte Schwert und ein schwarzer Stab. Angesichts des zahlreich versammelten Volkes erhob sodann der Fronvogt die Anklage. Mit Zustimmung des Landrichters hielt anschließend der Gerichtshalter dem Sünder die darauf stehende Strafe vor.
Erfolgte das Geständnis, so erging der Urteilsspruch. Lautete dieser auf Tod, so erfolgte die feierliche Übergabe an den Scharfrichter, der den Täter nach dem Richtplatze außerhalb des Dorfes unter Mitlauf des Volkes führte und dort vor der schaulustigen Menge die Hinrichtung vollzog.
Dieses „peinliche Halsgericht“ beförderte auf solche Weise im Dezember 1603 zwei Pferdediebe, Steffen Rauchhaupt aus Stockheim und Blasius Eitner aus Pomßen, vom Leben zum Tode. 1630 wurde Matz Werner, der Hirt von Golzern, wegen Ehebruch und Blutschande hingerichtet und einige Jahre später ein Schmiedegeselle aus Döben wegen Ermordung seines Meisters öffentlich auf das Rad geflochten.
1667 wurde einem fremden Frauenzimmer, Christiane Schildin aus Oschatz, die sich im Gasthof Döben aufgehalten hatte, trotz ihres Leugnens der Prozeß wegen Kindesmord gemacht. Der Arzt und der Chirurg aus Grimma hatten das Kind untersucht und gegen sie ausgesagt. Aber erst als der Scharfrichter aus Leipzig erschien und ihr die Daumenschrauben zeigte, gestand sie, um der furchtbaren Marter zu entgehen. Dauraufhin sollte die in solchen Fällen übliche „Säckung“ an ihr vollzogen werden, wobei die Kindesmörderin samt einem Hunde, einem Hahn, einer Schlange und einer Katze in einen Sack gesteckt, ins Wasser geworfen und ertränkt wurde. Auf ihr flehentliches Bitten wurde von dieser grausamen Strafe abgesehen und auch an ihr die Hinrichtung mit dem Schwert vollzogen.
Schließlich wurde nach Pfingsten 1695 die Dienstmagd Justina Zschommerin aus Gastewitz hingerichtet, weil sie „ihr neugeborenes Kind im Bettstroh verschmachten ließ“. Mußten in anderen Fällen die Bauern zu ihrem Ärger die „peinlichen Unkosten“ tragen, so war das diesmal nicht nötig, weil die Zschommmerin fast 150 Taler hinterlassen hatte, für damalige Zeiten angesichts eines Monatslohnes von 1 bis 2 Talern ein Vermögen.
So endete denn diese Hinrichtung mit einem „lustigen Leichenschmaus“, den die hingerichtete Kindesmörderin bezahlte. Nach der aufgestellten Rechnung des Landrichters wurden im Dorfgasthof u.a. vertilgt: 1 ½ Eimer guter und 64 Kannen Landwein, 30 Kannen Butter, 5 Schock Eier, 5 Rindszungen und 21 Schöpszungen, 1 Lamm, fast ein ganzes Rind, 3 Kälber, 30 junge Hühner, 4 Hasen, 24 Pfund Flecke, 30 Pfund Fische, 6 Schock Krebse, 12 paar junge Tauben, dazu eine Unmenge Bier und Kuchen nebst Zutaten usw. Insgesamt wurden dafür 115 Taler ausgegeben; den Rest erhielten der Gerichtshalter, der Pfarrer und der Scharfrichter.